In Franken haben sich Tausende Schaulustige die Sprengung der Kühltürme des ehemaligen Atomkraftwerks Grafenrheinfeld angesehen. Das AKW war 2015 stillgelegt worden.16.08.2024 | 0:53 min
Mehr als drei Jahrzehnte lang überragten die Kühltürme des Atomkraftwerks (AKW) Grafenrheinfeld die Landschaft rund um Schweinfurt. Jetzt ist da, wo die gut hundert Meter hohen Kolosse standen, nur noch ein großer Haufen Schutt. Mit einer gezielten Sprengung waren die Türmen am Freitag zu Fall gebracht worden.
Zuvor hatte die Polizei nach eigenen Angaben einen Mann auf einem Strommast im Sperrbereich entdeckt. Die Feuerwehr rückte mit einer Drehleiter an. Die Sprengung war deshalb verschoben worden. Ursprünglich war sie für 18.30 Uhr geplant gewesen.
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Die spektakuläre Aktion ist ein weiterer Schritt im Rückbau des Atomkraftwerkes. Abgeschlossen ist der aber noch lange nicht.
Denn: Der Rückbau großer Industrieanlagen dauere lange, erklärt Florence-Nathalie Sentuc von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS). Bei AKWs sei der Aufwand besonders groß, "weil Teile dieser Anlagen durch den Betrieb mit radioaktiven Stoffen kontaminiert oder durch die Neutronenstrahlung im Reaktor selbst radioaktiv geworden sind".
Was muss beim AKW-Rückbau beachtet werden?
Strahlenschutz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist daher ein großes Thema. Und natürlich muss auch verhindert werden, dass radioaktive Stoffe in die Umwelt gelangen.
Seit Sommer 2024 ist der Reaktordruckbehälter des AKW Grafenrheinfeld komplett demontiert.
Quelle: PreussenElektra, J. Kiefer
Als "potenziell radioaktiv" übrigens gilt im Prinzip erstmal jedes Teil, auch wenn es nie mit Radioaktivität in Berührung gekommen ist. "Die Anforderungen an sicheres Arbeiten im Rückbau sind ebenso hoch wie die im Leistungsbetrieb", sagt auch Almut Zyweck von der Betreiberfirma PreussenElektra. "Sämtliche Arbeiten werden sorgfältig geplant, von Fachleuten des Strahlenschutzes begleitet und von unabhängigen Sachverständigen der Aufsichtsbehörde oder von ihr selbst geprüft."
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Wie hoch sind die Kosten des AKW-Rückbaus?
Im Fall von Grafenrheinfeld hat der Rückbau im April 2018 begonnen. Seit Anfang August ist auch der Reaktordruckbehälter - wenn man so will, das nukleare Herz der Anlage - vollständig demontiert.
Nicht ganz ohne, denn nach den schon 2020 entfernten Brennelementen ist er das radioaktivste Teil der Anlage. Die Bilanz nach zweieinhalb Jahren Demontage: Rund 500 Tonnen Stahl, verpackt in 61 Endlagerbehältern.
Die Rede ist von insgesamt immerhin 27.000 Tonnen Material, von denen am Ende ein großer Teil als Wertstoff wieder nutzbar sei. Die Kosten für den gesamten Rückbau schätzt PreussenElektra auf rund 1,1 Milliarden Euro.
Wohin mit dem Atommüll nach der Demontage?
Ein riesiges Problem ist aber auch hier noch lange nicht gelöst: Wohin mit dem hochradioaktiven Material? Die Brennelemente aus Grafenrheinfeld lagern in Spezialbehältern im benachbarten Atommüllzwischenlager. Es ist eines von insgesamt 16 solcher Lager, die über das Land verteilt sind.
Quelle: dpa
... im unterfränkischen Landkreis Schweinfurt war von 1982 bis 2015 in Betrieb. Ausgestattet war es mit einem Druckwasserreaktor. Nach Angaben des Betreibers PreussenElektra betrug die installierte elektrische Bruttoleistung 1.345 Megawatt.
Grafenrheinfeld gehörte damit zu den mittelgroßen Kernkraftwerken. In 33 Jahren Betrieb wurden über 333 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. Mit einer solchen Menge kann laut Betreiber das Bundesland Bayern rechnerisch etwa vier Jahre lang versorgt werden.
Denn ein Endlager, in dem der strahlende Müll tief im Boden für Hunderttausende Jahre sicher verwahrt werden kann, gibt es noch nirgendwo auf der Erde, auch nicht in Deutschland.
"Da liegen nach den letzten Abschätzungen noch Jahrzehnte an Arbeit vor uns, sowohl was das Auswahlverfahren für einen Standort angeht als auch für die Forschung", sagt Florence-Nathalie Sentuc von der GRS.
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Sind die Kühltürme des AKW auch radioaktiv belastet?
Der Schutt der beiden Kühltürme wird dort aber nicht landen. Im Leistungsbetrieb waren die Türme dafür zuständig, den Dampf aus den Turbinen wieder abzukühlen und in Wasser zurückzuverwandeln. Zum nuklearen Teil der Anlage gab es keine Verbindung. Und jetzt?
PreussenElektra wollte sie eigentlich erst in etwa zehn Jahren sprengen. Mit dem Abriss schon jetzt sei man aber einem Wunsch aus der Kommunalpolitik entgegengekommen.
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Übrigens: Ob es am Ende in Grafenrheinfeld tatsächlich die oft gewünschte "grüne Wiese" geben wird, ist noch offen. Almut Zyweck von PreussenElektra dämpft solche Hoffnungen aber: "Eine energietechnische Nutzung der Standorte ist eine naheliegende Option."
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion.